Tschick von Wolfgang Herrndorf

Ja, ich weiß, ich hab grad erst gesagt, Genazino sei das Schönste, was ich seit langem gelesen habe. Und jetzt behaupte ich gleich darauf, „tschick“ sei das Schönste, was ich seit langem gelesen hab. Das liegt daran, dass das eben anders schön ist. Auch „tschick“ ist ein Roman, sagt das Cover, und hier stimmt das auch viel mehr als bei Genazino. Maik Klingenberg erzählt hier die Geschichte seiner Sommerferien – wie er mit seinem neu gewonnenen Kumpel Tschick mit einem geklauten und kurzgeschlossenen Lada auf dem Weg in die Walachei durch Ostdeutschland kurvt. Und dabei ist er ja erst 14, und mit Mädchen ging auch noch nicht viel – die ganz normalen Heranwachsenden-Schwierigkeiten, eigentlich. Was macht das dann so besonders, dass alle das empfehlen, mögen und ich möchte sogar behaupten, davon angerührt sind? Das muss der Stil sein. Maik Klingenberg, der erzählt, wie es ihm in den Sinn kommt – mit viel „Scheiße“ und „Arsch“ und so, aber das geschieht nicht zum Schocken, sondern weil Maik eben so erzählt. Und das ist mit allem so: auch die Geschichte der Alkoholiker-Mutter, die Geschichte vom Vater, der mit der Assistentin in Urlaub fährt, der Typ, der sich irgendwo an einem Baggersee „einen von der Palme schüttelt“ und so weiter- das sind eben so Beobachtungen, die Maik macht. Dass er die Dinge so beim Namen nennt, wie sie für ihn sind, damit stößt er manches Mal auf Widerstand, sowohl in der Schule als auch bei seinem Vater. Und reagiert seinerseits völlig verständnislos darauf. Warum soll man die Dinge nicht beim Namen nennen, die so offensichtlich sind?

Die Reise, die er dann mit Tschick unternimmt, ist ein absolut leichtsinniger, schräger und anarchischer Chaostrip, dass es mich zuweilen beim Lesen echt umgehauen hat vor Lachen. Wobei das alles ja nichts daran ändert, dass die Umstände, in denen Maik und Tschick leben, nicht eben rosig sind, inklusive häuslicher Gewalt. Und so schafft auch dieses Buch, was mir schon an Genazino so gefallen hat: die Darstellung der Schönheit der Augenblicke, aber so, dass Lachen und Weinen sehr nah beieinander liegen. Mitten auf der Grenze zwischen Schönheit und Schmerz liegt auch dieses Jugendabenteuer. Auch dies: ein Goldstück. Schade, dass ich es schon gelesen hab.

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